Kolumne Recht gehabt? (Teil 32: Übernahme der Tierarztkosten bei Nicht-Erreichbarkeit des Besitzers)

Pferderechtsexpertin Dr. Nina Ollinger beantwortet Fragen rund ums Thema Recht und Pferd. In Folge 32 geht es um das Thema „Wer trägt die Kosten wenn für das Pferd bei Nicht-Erreichbarkeit des Besitzers ein Tierarzt gerufen wird?“.

Frage 32: Das Pferd eines Einstellers hat sich in der Box verletzt. Der Einstellbetrieb erlangt davon Kenntnis, ruft einen Tierarzt und lässt das Pferd in die Klinik bringen. Muss der Einsteller die auflaufenden Kosten bezahlen?

Pferderechtsexpertin Dr. Nina Ollinger beantwortet Ihre Fragen rund ums Thema Recht und Pferd. © privat

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Antwort: Die Antwort ist wieder eine typisch juristische: Es kommt darauf an; wiederum um die Umstände im Einzelfall. Grundsätzlich besteht keine Pflicht, für Leistungen zu bezahlen, die man nicht in Auftrag gegeben hat. Davon gibt es aber Ausnahmen, nämlich wenn ein Notfall vorliegt oder wenn die Handlung des Einstellbetriebes nützlich war.

Rein rechtlich spricht man hier von der sogenannten „Geschäftsführung ohne Auftrag“. Diese ist unerlaubt, wenn sie sich gegen den ausdrücklichen Willen des Einstellers richtet. Wenn sie jedoch zur Abwendung eines bevorstehenden Schadens angewandt wird, so ist sie zulässig. Das ist aber nur dann der Fall, wenn der Einsteller nicht erreichbar ist und von ihm keine rasche Rückmeldung erfolgen kann. Muss rasch gehandelt werden, da andernfalls das Pferd irreparable Schäden hat oder gar verendet, so liegt ein Notfall vor und es darf im Namen des Einstellers durch den Reitbetrieb gehandelt werden. Das gilt auch, wenn aus Zeitgründen die Zustimmung des Einstellers nicht eingeholt werden kann, da ein Nachtelefonieren vielleicht zu viel Zeit in Anspruch nimmt oder auch aus technischen Gründen eine Erreichbarkeit nicht gegeben ist. Eine Geschäftsführung ohne Auftrag im Notfall ist aber nur so lange gegeben, als der Einsteller tatsächlich nicht erreichbar ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, so muss der Einsteller die Tierarztkosten bezahlen, soweit sie notwendig und zweckmäßig waren. Das gilt auch für den Fall, dass das Pferd dennoch einen irreparablen Schaden davonträgt oder gar verendet, das heißt wenn das Bemühen des Einstellbetriebes nicht von Erfolg gekrönt war.

Sollte kein Notfall vorliegen, so könnte noch eine sogenannte nützliche Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen. Diesbezüglich muss das Eingreifen des Einstellbetriebes allerdings zum klaren, überwiegenden Vorteil des Einstellers gewesen sein und zwar objektiv gesehen als auch subjektiv. Das letzte Wort in diesem Zusammenhang hat aber der Einsteller, war es nicht zu seinem subjektiven Vorteil, hätte er zum Beispiel seine Zustimmung zu einer gewissen Behandlungsmethode nicht erteilt, so ist die Geschäftsführung unzulässig.

Für alle Fälle gilt: Ist das Einschreiten unzulässig – es liegt kein Notfall vor oder das Einschreiten war nicht nützlich oder gar gegen den tatsächlichen Willen des Einstellers – muss der Einsteller die Tierarztkosten nicht bezahlen.

Im Regelfall wird beim Rufen des Tierarztes durch den Einstellbetrieb mangels Erreichbarkeit des Einstellers jedoch eine Geschäftsführung ohne Auftrag im Notfall vorliegen, die den Einsteller verpflichtet, die Tierarztkosten für sein Pferd auch tatsächlich zu tragen.

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