Kolumne: Recht gehabt? (Teil 23)
NOEPS-Mitglieder fragen – Pferderechts-Expertin Dr. Nina Ollinger antwortet. In der 23. Folge des NOEPS Mitgliederservices fragt ein Mitglied, ob man das Pferd eines zahlungsunwilligen Einstellers, der noch dazu unfauffindbar ist, verkaufen könnte. Schwierig, findet Dr. Nina Ollinger.
Frage: “Ein Einsteller lässt sein Pferd im Reitstall zurück. Der Einstellbetrieb fordert diesen ehemaligen Einsteller mehrfach auf, weiter die Einstellgebühren für das Pferd sowie Tierarzt- und Hufschmiedkosten, die zwischenzeitlich angefallen und vom Einstellbetrieb ausgelegt wurden, zu bezahlen. Der Einsteller zahlt nicht und ist auch nicht mehr erreichbar. Was kann der Einstellbetrieb nun tun?”
“Das Pferd ist das Eigentum des Einstellers, der es zurückgelassen hat. Rein rechtlich ist der Einstellbetrieb nicht berechtigt, das Pferd zu verkaufen oder zu verschenken, da er nicht Eigentümer ist. Es besteht zwar grundsätzlich die Möglichkeit eines Zurückbehaltungsrechtes am eingestellten Pferd bei Nichtbezahlung von Einstellgebühren und sonstiger Kosten, doch nur dann, wenn es, im besten Fall schriftlich, vereinbart wurde – und es hilft im konkreten Fall ohnehin nicht, da es den Einstellbetrieb nur ermächtigen würde, das Pferd zu behalten, bis die offenen Schulden bezahlt sind. Doch der Einsteller will in unserem Fall das Pferd ja offensichtlich gerade nicht abholen. Weiters besteht die Möglichkeit, das Pferd zu verwerten und die Schulden damit abzudecken, doch auch dieses Recht hat der Einstellbetrieb nur, wenn er es vereinbart hat. Der Vorteil ist bei Vorliegen einer Verwertungsbefugnis zudem, dass der Einstellbetrieb den Überschuss vom erzielten Kaufpreis, so es überhaupt einen gibt, gerichtlich zugunsten des früheren Eigentümers hinterlegen darf, sollte sich der Einsteller gar nicht mehr melden. Dieser muss, wenn er sein Geld haben, die Auszahlung bei Gericht beantragen.
Ohne entsprechender Absicherung im Einstellvertrag, der auch noch mit dem Einsteller abgeschlossen sein muss, dh von diesem unterschrieben sein sollte, stehen diese Möglichkeiten nicht zur Verfügung. Und was nun? Hat eine Klage auf Zahlung keinen Sinn, weil man nicht weiß, wo der Einsteller zu finden ist (und damit wo die Klage zuzustellen wäre) oder ob er überhaupt über Vermögen verfügt (und damit nur diesfalls eine Klage Sinn macht), wird der Einstellbetrieb handeln müssen. Das ist aber nicht so einfach, da folgende juristische Hürden bestehen:
- Da der Einstellbetrieb nicht Eigentümer ist, darf er das Pferd nicht rechtmäßig verkaufen.
- Verkauft er das Pferd dennoch, so haftet er dem früheren Einsteller gegenüber dafür, dass er das Pferd nicht mehr zurückstellen kann, sollte er es jemals wieder einfordern, im Regelfall mit dem Wert des Pferdes.
- Weiß der Käufer nichts davon, dass der Einstellbetrieb nicht der rechtmäßige Eigentümer war, erwirbt er gutgläubig Eigentum und hat im Regelfall vom früheren Einsteller nichts zu befürchten, weiß er davon, sieht es anders aus.
- In jedem Fall: Ist der Einstellbetrieb nicht in der Lage, das Pferd in dem Zustand dem früheren Einsteller und damit Eigentümer zurückzustellen, wie er es erhalten hat, hat er als Verwahrer dafür zu haften, im Regelfall mit dem Wert des Pferdes, davon kann er die ihm entstandenen Kosten abziehen.
- Abhängig von dem, was der Einstellbetrieb tatsächlich unternimmt, wären allenfalls auch strafrechtliche Folgen denkbar.
In jedem Fall sollte in so einer Situation juristischer Rat eingeholt werden, damit man letztlich nicht mit unerwarteten negativen Folgen im Sinne des oben aufgezeigten zu kämpfen hat.”