Gelebte Tradition: 60 Pferde beim 6. Stephani-Ritt im Wienerwald
Pferdesport in NÖ | Kultur und Pferd – Am Stefanitag, dem 26. Dezember 2019, fand der 6. Stephani-Ritt von Fahrafeld (Marktgemeinde Pottenstein) nach Schwarzensee (Marktgemeinde Weißenbach an der Triesting), Region Wienerwald, statt. Der Stephani-Ritt nach Schwarzensee ist Niederösterreichs bedeutendste Rosstraditionsveranstaltung in der Weihnachtszeit, die auf eine vor Jahrhunderten Jahren gepflegte Tradtion zurückgreift, und vor sechs Jahren in neuer Form eine Wiederbelebung erlebt hat.
Hoch zu Ross Reiterinnen des Pferdehofs Winter. (vlnr) Bundeskulturreferent Otto Kurt Knoll (Österreichischer Pferdesportverband), Obmann Norbert Linsbichler (Erster Hirtenberger Reit- und Fahrverein) mit roter Votivkerze, Pater Ägidius Metzeler (Wallfahrtsseelsorger Schwarzensee), eine zukünftige Stephani-Reiterin mit Brotkorb, Bürgermeister Johann Miedl (Marktgemeinde Weißenbach an der Triesting). © Referat Kultur und Pferd NOEPS
Beim 6. Stephani-Ritt waren Reiter*innen und Gespannfahrer*innen mit gut 60 Pferden (!) vertreten waren. Der zuständige Bürgermeister Johann Miedl war von den vielen Besucher*innen überwältigt und stellte für den nächstjährigen Stephani-Ritt seitens der Marktgemeinde Weißenbach an der Triesting eine Festplatzerweiterung inklusive Beschallung in Aussicht.
Der Erste Hirtenberger Reit- und Fahrverein unter Obmann Norbert Linsbichler ist als Veranstalter mit Engagement dabei, um den Stephani-Ritt bei den künftigen Generationen zu verankern. Bundeskulturreferent Otto Kurt Knoll vom Österreichischen Pferdesportverband erläuterte in seiner Ansprache den kulturgeschichtlichen Hintergrund des Stephani-Ritts und erwähnte, dass der NÖ Pferdesportverband NOEPS federführend in Österreich für die Verankerung der Kultur im Pferdesport war. Knoll dankte insbesondere Altobmann Manfred Wöhrer vom Ersten Hirtenberger Reit- und Fahrverein, der vor sechs Jahren seine Idee zum Stephani-Ritt aufgegriffen hatte, sowie allen Pferdefreunden, die mit Herz diesen als Tradition pflegen.
Der renommierte Pferdeveterinärexperte Max Dobretsberger hat einen seiner Lipizzaner für den Stephani-Ritt 2019 eingespannt. (vlnr) Bundeskulturreferent Otto Kurt Knoll (Österreichischer Pferdesportverband), Postenkommandant Christian Obermüller (Polizeiinspektion von Weißenbach an der Triesting), Bürgermeister Johann Miedl (Marktgemeinde Weißenbach an der Triesting) mit roter Votivkerze. © Referat Kultur und Pferd NOEPS
Der Wallfahrtsseelsorger von Schwarzensee Pater Ägidius Metzeler hat die Ross-Segnung in einer für eine Rosstraditionsveranstaltung würdigen kirchlichen Kleidung in traditionell üblicher Form abgehalten. Pater Ägidius ist laut Stimmen aus seiner Kirchengemeinde mittlerweile ein begeisterter Botschafter des Stephani-Ritts. Die Dorfgemeinschaft von Schwarzensee, sowie die Polizeiinspektion von Weißenbach an der Triesting unter der Leitung von Postenkommandant Christian Obermüller, haben mit anderen zu einem gelungenen Ablauf beigetragen. Der Niederösterreichische Landesjagdverband war auch in diesem Jahr durch eine Jagdhornbläsergruppe (Jagdhornbläsergruppe Hermann Löns unter der Leitung von Hornmeister Wilfried Schlögl) und einer Anzahl von Jägern vertreten.
Wie die Stephani-Reiter*innen für das Wohl ihrer Rosse selbstverständlich selbst sorgten, so sorgte Kassierin Gertrude Köröcz mit Team des Ersten Hirtenberger Reit- und Fahrverein mit Speis und Trank für die Pferdesportler*innen und für die Gäste in Schwarzensee. Das Miteinander der regionalen Reitvereine war sichtbar, wie beispielsweise die Platzgestaltung durch den Pferdehof Winter aus Schwarzensee deutlich machte.
Ein großer Dank den Stephani-Reiter*innen (Fahrer*innen) und Gästen sowie allen, die in Vorbereitung, Durchführung und durch ihr Kommen mitwirkten.
Hufeisenkerzenständer mit roter Votivkerze (nächst dem Stephanusbild in der Wallfahrtskirche zum hl. Ägydius in Schwarzensee, Wienerwaldregion). © Referat Kultur und Pferd NOEPS
Kultureller Hintergrund des Stephani-Ritts nach Schwarzensee (Wienerwaldregion)
In den Wienerwald-Wallfahrtsort Schwarzensee fanden bis zum Verbot durch Kaiser Josef II. Prozessionen am Stephanitag in die Wallfahrtskirche zum hl. Ägydius statt, um vor dem Stephanusbild den Rosspatron Stephanus um Fürbitte anzurufen. Wie die bäuerliche Bevölkerung (insbesondere die Bauern aus Alland) seinerzeit am 26. Dezember vor dem alten Ölbild mit der Darstellung der Steinigung des hl. Stephanus, befindet sich im Längsschiff der im Kern romanischen Kirche, für ihre Rosse um Schutz und Gesundheit beteten, so wird heute beim gegenständlichen Stephani-Ritt nach der Ross-Segnung bei diesem Bild eine rote Votivkerze als Zeichen der Verehrung durch die Pferdefreunde entzündet. Die Farbe Rot ist der Hinweis, dass Stephanus sein Leben für Christus mit dem Blut bezeugt hat. Mit dem Stephani-Ritt wurde nach Jahrhunderten, wenn auch in anderer Form, die Tradition der Verehrung des Pferdepatrons Stephanus in Schwarzensee wieder aufgegriffen. Der hl. Erzmärtyrer Stephanus ist zudem auch der älteste und patroziniumsgeschichtlich „hervorragendste“ Pferdepatron. Im Laufe der Zeit wurden zunehmend mehr andere Heilige an seiner Stelle als Pferdepatrone verehrt. Die Stephani-Ritte sind allgemein gesprochen ein Beispiel von jahrhundertealten Gepflogenheiten rund ums Ross, die später meist durch die Leonhardi-Ritte oder die Georgi-Ritte verdrängt wurden. Ein typisches Charakteristikum der Stephani-Ritte ist, dass sie in Schlichtheit und Stille (der Weihnachtszeit entsprechend) durchgeführt werden. Der Stefanitag ist weiters auch im jagdlichen Brauchtum verankert. Der 26. Dezember ist daher prädestiniert das Miteinander der Partner*innen in der Natur (Pferdewelt, Landwirtschaft, Jägerschaft, Ökosystemfreunde) zeitgemäß in der Öffentlichkeit zu betonen.