Kolumne: Recht gehabt? (Sonderausgabe)

Dieses Mal stellt sich die Frage, was passiert, wenn ein Einsteller nicht mehr bezahlt und sein Pferde zurücklässt. Dr. Nina Ollinger hat die Infos für Sie! 


Frage: “Nichtbezahlte Rechnungen, zurückgelassenes Pferd im Einstellbetrieb – Haben Sie schriftlich ein Verkaufsrecht (Verwertungsbefugnis) vereinbart?”

 “Ein Einsteller hat ein Pferd, kümmert sich dann aber nicht darum oder ein jahrelanger Einsteller verliert seinen Job und kann die Kosten für das Pferd nicht mehr tragen. Der tatsächliche Eigentümer des Pferdes bezahlt eine Zeit lang nicht und/oder ist irgendwann lange nicht mehr gesehen, zurück bleibt der Einstellbetrieb, der sich um das Pferd kümmert, es füttert und pflegt, auf die Koppel stellt und – auf seinen Kosten sitzen bleibt. Vielfach ist es so, dass der Einsteller ohnehin kein Geld (mehr) hat und etliche gerichtliche Schritte gegen ihn nur zu weiteren Kosten für den Einstellbetrieb führen.

Gibt es eine Möglichkeit, das zu verhindern?

Die gute Nachricht ist: Es gibt eine Lösung. Die schlechte: Man muss im Einstellvertrag im Vorhinein vorsorgen. Nur wer das tut, kann sich schützen!

Doch vorweg, was ist das Problem? Der Einstellbetrieb ist nicht Eigentümer des Pferdes, er darf es daher nicht einfach verkaufen sondern muss sich darum zwangsläufig kümmern. Dh, zuerst müsste er auf Bezahlung der Einstellgebühren und ausgelegten Kosten für Hufschmied und Tierarzt klagen, und wenn das Urteil dazu rechtskräftig ist, kann er Exekution führen – auf eigenes Risiko, dh, hat der Einsteller kein Geld, bekommt der Einstellbetrieb auch die aufgewendeten Kosten für Gerichtsverfahren und Exekution nicht zurück. Oft wird in solchen Fällen zwar gleich die Mahnklage rechtskräftig und kann anschließend Exekution geübt werden, doch auch hier benötigen alle gerichtlichen Schritte, bis die Exekution wirksam wird, Zeit, meist einige Monate; mit ca einem halben Jahr ist daher zu rechnen und wenn der Einsteller kein Geld hat, ist von ihm auch im Rahmen einer Exekution keines zu bekommen. Zudem: Lösung für das Pferd ist auch das keine.

Es ist daher sehr empfehlenswert, den Einstellvertrag um einen sehr wesentlichen Punkt zu erweitern: der Verwertungsbefugnis des Pferdes. Nur wer dies schriftlich im Einstellvertrag vereinbart, kann sich auch darauf berufen und das Pferd – ohne Zustimmung des Einstellers (!) – bei Vorliegen der Voraussetzungen verkaufen! Von Gesetzes wegen steht dem Einstellbetrieb nämlich sonst nur ein Zurückbehaltungsrecht am eingestellten Pferd zu, wenn der Einsteller die Kosten für sein Pferd nicht bezahlt. Das Zurückbehaltungsrecht gibt dem Einstellbetrieb aber nur das Recht, die Herausgabe des Pferdes zu verweigern, bis alles bezahlt ist. Wenn sich der Einsteller aber gerade nicht mehr meldet oder das Pferd gar nicht mehr haben will, weil er es sich ohnehin nicht leisten kann, ist dieses Recht zahnlos.

Das Verwertungsrecht bedeutet, dass der Einstellbetrieb nach Aufforderung an den Einsteller, die ausständigen Rechnungen zu begleichen, das Pferd und sonstige zurückbehaltene Sachen (zB Sattel) verkaufen und aus dem Erlös die offenen Rechnungen abdecken darf. Ein darüberhinausgehender Betrag ist dem Einsteller zu überweisen. Zum Schutz des Einstellers muss jedoch eine mindestens vierwöchige Frist zwischen Aufforderung zur Bezahlung der ausstehenden Rechnungen und dem Verkauf des Pferdes liegen.

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass eine derartige Klausel für Einsteller abschreckend wirkt. Es empfiehlt sich daher, die Bedenken der Einsteller, dass ihr Pferd rasch verkauft werden kann, durch ein entsprechend festgesetztes, länger dauerndes Verfahren aus der Welt zu schaffen und somit für beide Seiten eine entsprechende Absicherung zu schaffen. Eine Formulierung kann zB wie folgt lauten, wobei andere Formulierungen natürlich, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen eingehalten werden, möglich sind:

Der Einstellbetrieb hat für offene Forderungen gegenüber dem Einsteller ein Zurückbehaltungsrecht an von diesen eingestellten Pferden und sonstigen Sachen, wie zB Sattel, Zubehör, etc, dh der Einstellbetrieb ist berechtigt, das Pferd des Einstellers solange zu zurückzubehalten, bis die Schulden des Einstellers bei ihm beglichen sind. 

Schuldet der Einsteller dem Einstellbetrieb mindestens die zweifache monatliche Einstellgebühr, ist der Einstellbetrieb berechtigt, die Pferde und sonstigen Sachen des Einstellers zu verkaufen und die Schulden des Einstellers damit abzudecken (Verwertungsrecht). Das Verwertungsrecht steht dem Einstellbetrieb jedoch nur unter folgenden Voraussetzungen zu:

  1. Der Einsteller ist mit der Bezahlung eines Betrages in Höhe von mindestens der doppelten monatlichen Einstellgebühr in Verzug.
  2. Der Einstellbetrieb übersendet sodann ein Mahnschreiben über die zweifache monatliche Einstellgebühr (oder gegebenenfalls auch mehr) mit eingeschriebenem Brief an den Einsteller und setzt diesem zur Bezahlung eine Nachfrist von 14 Tagen.
  3. Der Einsteller hat sodann innerhalb von 14 Tagen den offenen Betrag zu bezahlen. Er hat aber auch die Möglichkeit, dem Einstellbetrieb eine Ratenzahlung anzubieten. Diese Ratenzahlung muss vorsehen, dass der offene Betrag innerhalb weiterer 2 Monate ab Erhalt des Mahnschreibens zur Gänze an den Einstellbetrieb bezahlt wird.
  4. Bezahlt der Einsteller den offenen Betrag nicht innerhalb von 14 Tagen wie im Mahnschreiben angeführt, bietet er auch keine Ratenzahlung zur Abdeckung der offenen Einstellgebühren binnen 2 Monaten an oder leistet er die Raten nicht innerhalb der angebotenen 2 Monate fristgerecht, so ist der Einstellbetrieb berechtigt, das Verwertungsrecht gegenüber dem Einsteller anzudrohen. Dafür versendet der Einstellbetrieb einen eingeschriebenen Brief an den Einsteller – dafür kann er auch einen Rechtsanwalt einschalten oder er versendet diesen Brief selbst – in dem er ihm das Verwertungsrecht androht, wenn innerhalb von weiteren 4 Wochen nicht sämtliche bereits offenen und bis dahin noch entstehenden Schulden beim Einstellbetrieb begleicht.
  5. Bezahlt der Einsteller innerhalb dieser weiteren 4 Wochen nicht sämtliche offenen Schulden beim Einstellbetrieb, so ist der Einstellbetrieb berechtigt, von seinem Verwertungsrecht Gebrauch zu machen. Er darf das Pferd, Sattel und sonstiges Zubehör, dass vom Einsteller im Einstellbetrieb zurückgelassen wurde, an einen Dritten verkaufen und die Schulden des Einstellers aus dem Kaufpreis abdecken. Einen allfälligen übrig bleibenden Restbetrag hat der Einstellbetrieb dem Einsteller auszufolgen.
  6. Sämtliche eingeschriebenen Briefe des Einstellbetriebes gelten als rechtmäßig zugestellt, wenn sie vom Einstellbetrieb an die ihm zuletzt vom Einsteller bekannt gegebene Adresse übersendet werden. Es liegt in der Verpflichtung des Einstellers, dem Einstellbetrieb eine allfällige neue Zustelladresse bekannt zu geben.

Bitte beachten Sie: Im Einstellvertrag sollten Sie ergänzend genaue Regelungen vorsehen, wann die Einstellgebühren fällig sind, in welcher Höhe diese bestehen, welche sonstigen Kosten der Einsteller zu tragen hat und für welche Leistung, die Höhe der Verzinsung bei Zahlungsverzug, eine allfällige Wertsicherung, eine allfällige Kaution, ein Aufrechnungsverbot, ordentliche und außerordentliche Kündigungsgründe, Kündigungsfristen und alle sonstigen Pflichten, die Ihnen als Einstellbetrieb von besonderer Wichtigkeit sind.

Die Investition in einen guten Einstellvertrag zahlt sich meist aus, nicht nur aus dem hier angeführten Grund. Verträge benötigen wir bei Meinungsverschiedenheiten oder Problemen, dafür werden sie geschrieben. Je besser sie sind, desto besser ist man im Streitfall abgesichert. Im besten Fall wird ein entsprechend spezialisierter Rechtsanwalt zur Erstellung des Einstellvertrages beigezogen, der Ihre konkreten Bedürfnisse kennt und Sie entsprechend absichert.”


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