Kolumne: Recht gehabt? (Teil 22)

NOEPS-Mitglieder fragen – Pferderechts-Expertin Dr. Nina Ollinger antwortet: Wessen neu gekauftes Pferd plötzlich krank wird, der denkt natürlich sofort an den Käuferschutz. Ob dieser tatsächlich greift, klären wir in der aktuellen Folge “Recht gehabt”. 


Frage: “Der Käufer eines Pferdes muss nach einigen Wochen feststellen, dass das Pferd stark hustet. Seitens des Verkäufers wurde auf Probleme mit der Lunge nicht hingewiesen. Kann der Käufer das Pferd zurückgeben oder bekommt er einen Teil seines Geldes retour?”

 

„Das Thema Pferdekauf ist ein komplexes und muss aus mehreren Blickwinkeln beleuchtet werden. Es gibt auch mehrere Anspruchsgrundlagen des Käufers, die im Detail geprüft werden müssen, dazu zählt die Gewährleistung, der Irrtum, die Verkürzung über die Hälfte und der Schadenersatz. Bei einer Krankheit eines Pferdes wird meist vorrangig das Thema Gewährleistung geprüft. Hierbei kommt es darauf an, ob die Krankheit im Zeitpunkt der Übergabe des Pferdes bereits vorlag. Entsteht sie erst nach dem Verkauf und nach der Übergabe des Pferdes vom Verkäufer an den Käufer, haftet der Verkäufer nicht. Hat die Krankheit bereits im Vorhinein bestanden – und lässt sich dies auch entsprechend beweisen – kann eine Haftung des Verkäufers bestehen. Es gelten folgende Grundsätze zur Gewährleistung:

Kommt eine Krankheit innerhalb von sechs Monaten ab Übergabe hervor, so muss der Verkäufer beweisen, dass die Krankheit nicht bereits vor dem Verkauf bestanden hat.

Dies gilt nicht, wenn die Krankheit auch innerhalb kürzester Zeit entstehen kann. Ist dem so, muss der Käufer beweisen, dass die Krankheit bereits vor dem Verkauf vorlag.

Das gilt auch dann, wenn die Krankheit mehr als sechs Monate nach der Übergabe des Pferdes vom Verkäufer an den Käufer hervorkommt. Auch in diesem Fall muss der Käufer beweisen, dass er eigentlich ein schon krankes Pferd erstanden hat.

Hustet das Pferd, so muss zunächst die tatsächliche Krankheit abgeklärt werden. Erst wenn von einem Tierarzt eine Aussage darüber besteht, was das Pferd hat und ob diese Krankheit auch schon im Zeitpunkt des Verkaufes vorgelegen sein kann, lässt sich prüfen, ob allfällige Ansprüche des Käufers bestehen.

Ist der Husten auf ein Problem des Pferdes zurückzuführen, das erst kurzfristig entstanden sein kann, hat der Käufer keine Ansprüche gegenüber dem Verkäufer. Kann man davon ausgehen, dass die Krankheit jedenfalls schon länger bestanden haben muss, müsste der Verkäufer beweisen, dass er das Pferd gesund übergeben und verkauft hat, gelingt ihm dies nicht, stehen dem Käufer Ansprüche gegenüber dem Verkäufer zu. Je nach vereinbartem Verwendungszweck (zum Beispiel Turnier-Springpferd) ist ein Rücktritt vom Vertrag denkbar, andernfalls eine Preisminderung, d. h. der Käufer kann einen Teil des Kaufpreises zurückverlangen. Alternativ hätte der Käufer auch die Möglichkeit, die Tierarztkosten bzw. Pflegekosten, die ihm entstehen, vom Verkäufer zu verlangen.

Für den Verkäufer gilt: ist ihm eine Krankheit (juristisch: Mangel) bekannt, sollte unbedingt aufgeklärt werden. Klärt der Verkäufer bei einem bestehenden Husten über die Hustenanfälligkeit auf, so wurde die Eigenschaft des Pferdes, nämlich der Husten, Vertragsinhalt. Der Käufer kann dann aus diesem Grund den Kaufvertrag nicht mehr anfechten.

Zusammenfassend: Das Thema Pferdekauf ist komplex, erfordert eine genaue Analyse des Sachverhaltes und die Klärung vieler Rechtsfragen. Neben der Gewährleistung bestehen, wie erwähnt, auch weitere Anspruchsgrundlagen, die geprüft werden müssen. Bei einem grenzüberschreitenden Verkauf etwa ist auch das anwendbare Recht oder die Frage, wo überhaupt Ansprüche geltend gemacht werden, in Österreich oder im Ausland, zu klären.


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